Vera Podlinski – Schritt für Schritt zum Feelgood Management

Vera Podlinski, Arbeits- und Organisationspsychologin, Systemische Beraterin bei IOS Schley in Hamburg und Autorin zum Thema Feelgood Management gibt einen Einblick in ihr Praxisbuch zur Gestaltung von Unternehmenskulturen zum Wohlfühlen.
Vera, wie kamst du auf die Idee, über das Thema Feelgood Management ein Buch zu schreiben?
Mein Buch basiert auf meiner Masterarbeit, bei der ich 7 Feelgood Manager*innen zu ihrer Arbeitswelt interviewt habe. Aus ihren Antworten habe ich ein Prozessmodell für die schrittweise Etablierung von Feelgood Management in Unternehmen entwickelt. Für mich war der Anlass sowohl für die Masterarbeit als auch für das darauf aufbauende Buch die Beobachtung, dass Feelgood Management zwar ein recht neuer Berufszweig ist, der sich gerade noch frei entwickelt, dass aber die Grundlagen dafür schon lange in der Arbeits- und Organisationspsychologie erforscht werden. Ich wollte diese wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Nutzung und als Fundierung im Feelgood Management aufbereiten.
Wie heißt dein Buch und auf welche dieser Grundlagen gehst du dabei ein?
Das Buch trägt den Titel „Prozess und Maßnahmen des Feelgood Managements: Ein arbeitspsychologischer Blick auf Unternehmenskulturen zum Wohlfühlen“ und ist im August 2020 erschienen. Neben einer kleinen Betrachtung der Entwicklung hin zu unserer Arbeitswelt 4.0 und Werten wie Individualisierung, Wertschätzung und Sinnentfaltung, gehe ich auf die Forschung zu den Themen Unternehmenskultur, Kulturwandel und Arbeitszufriedenheit ein. Das Buch verzahnt diese Grundlagenmodelle mit den Insights aus der Praxis und liefert neben vielen Exkursen von der Positiven Psychologie bis zur systemischen Organisationsentwicklung einen bunten Blumenstrauß an konkreten Maßnahmenbeispielen aus dem gelebten Feelgood Management.
Wie ist deine Definition von Feelgood Management?
Feelgood Management macht es sich zur Aufgabe, eine wertschätzende Kultur des Miteinanders in Unternehmen zu fördern und die Rahmenbedingungen der Arbeit zu verbessern, um sowohl das Wohlbefinden als auch das Leistungspotenzial zu steigern. Es folgt einem Menschenbild, das ein intrinsisches Streben nach der Entfaltung des eigenen Potenzials beinhaltet, sofern das Umfeld dies fördert. Dazu werden die Bedürfnisse der Menschen in einer Organisation in den Mittelpunkt gestellt. Das Feelgood Management begleitet diesen Vorgang – menschlich und wertschätzend – und umfasst alle Maßnahmen, die auf dieses Ziel einzahlen.
Wenn du eine Quintessenz aus dem Buch ziehen müsstest, welche wäre das?
Was im Feelgood Management umgesetzt wird, variiert stark von Unternehmen zu Unternehmen, aber in der Art und Weise des Vorgehens kann man große Ähnlichkeiten feststellen: WAS genau umgesetzt wird, richtet sich eben stark an den Bedürfnissen der Unternehmensmitglieder aus, daher müssen Maßnahmenkataloge im Feelgood Management eher als Inspiration verstanden werden und können nicht 1:1 auf das nächste Unternehmen übertragen werden. WIE Feelgood Manager:innen dabei vorgehen, darin konnte ich eine Systematik feststellen – sogar im Vergleich zwischen Angestellten und Selbstständigen.
Wie sieht diese Systematik aus?
Zunächst ist es wichtig, dass das Mandat und der Rückhalt von Geschäftsführung bzw. Führungskräften besteht. Erst dann kann Feelgood Management überhaupt erfolgreich sein und in eine erste Phase der Analyse starten: Von der Beobachtung der Unternehmenskultur über das Kennenlernen der Menschen und ihrer Arbeitsrealität hin zu strukturierten Interviews kann diese Bestandsaufnahme alles umfassen. Anschließend werden die Ergebnisse ausgewertet und präsentiert, damit Schwerpunkte und Themen priorisiert werden können. Dann geht es in eine Phase der Ableitung von konkreten Maßnahmen, welche stark durch Partizipation aller Organisationsmitglieder und der Verzahnung im Team bzw. zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften charakterisiert ist. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird vom Feelgood Management begleitet, liegt aber im Verantwortungsbereich der Organisationsmitglieder. Außerdem finden iterative Schleifen der Evaluation und Anpassung statt, um Erfolge zu feiern, aber auch Maßnahmen nachzujustieren, die so nicht gegriffen haben. Ein wichtiger Punkt ist auch die Verankerung der Maßnahmen als Prägung einer neuen Unternehmenskultur, eines neuen Miteinanders aufbauend auf Wertschätzung und Unterstützung. Entlang dieser Phasen finden sich zahlreiche Maßnahmenbeispiele in meinem Buch.